Unterschreitung der anerkannten Regeln der Technik!
OLG Brandenburg, Urteil vom 09.07.2020, Az: 12 U 76/19
Der Auftraggeber (AG) beauftragt den Auftragnehmer (AN) mit der Errichtung eines Gebäudes, dessen Keller zu Wohnzwecken genutzt werden soll. Die Entwurfsplanung des Architekten sieht eine Abdichtung gegen zeitweise aufstauendes Sickerwasser vor. Nachdem die Wände errichtet sind, bemängelt der AG die unzureichende Abdichtung des Kellers. Der AN schlägt schließlich vor, die Kelleraußenwände gegen zeitweise aufstauendes Sickerwasser abzudichten und die Bodenplatte gegen Bodenfeuchte und nichtstauendes Sickerwasser. Daraufhin nimmt der AG Abstand von der Mängelrüge und das Gebäude wird entsprechend des Vorschlages des AN errichtet und vom AG abgenommen.
Danach kommt es im Keller zu Durchfeuchtungen. Nach umfangreichen Beseitigungsarbeiten wiederholen sich diese Wassereintritte. Nun will der AG die Bodenplatte des Kellers auch gegen zeitweise aufstauendes Sickerwasser abgedichtet wissen. Der AN lehnt dies ab, da der AG bei Errichtung des Gebäudes mit der ausgeführten Abdichtungsart der Bodenplatte einverstanden gewesen ist.
Der AG verlangt daraufhin 52.000,00 € Vorschuss für die Mangelbeseitigung.
Der AG hat keinen Erfolg!
Zwar ist der Keller mangelhaft, da er nicht den im Zeitpunkt der Errichtung zu beachtenden anerkannten Regeln der Technik entspricht. Ein Keller muss einheitlich abgedichtet werden. Die Wasserbelastung kann nicht für Wände und Bodenplatte unterschiedlich bewertet werden. Auf die Unterschreitung des technischen Standards hat der AN den AG nicht hingewiesen, so dass die Vereinbarung zur Abdichtung des Kellers nicht wirksam ist. Der AG scheitert aber, weil die mangelhafte Abdichtung der Bodenplatte laut Sachverständigem nicht für die letztendlich auftretenden Feuchtigkeitsbelastung verantwortlich ist, sondern eine Undichtigkeit im Bereich einer Kellerwand.
Bei Abwägung des zu betreibenden Aufwands für eine nachträgliche Abdichtung der Bodenplatte gegen zeitweise aufstauendes Sickerwasser gegenüber dem Vorteil, den die Mangelbeseitigung für den AG objektiv bedeutet, hat das OLG die beabsichtigte Nachbesserung insgesamt als unverhältnismäßig bewertet.
Hinweis:
Der Ausgang einer erst Jahre später erfolgenden gerichtlichen Interessenabwägung ist nur sehr schwer zu prognostizieren. Deshalb ist dringend zu empfehlen, jede Änderung des Bausolls, die hinter den anerkannten Regeln der Technik zurückbleibt, und die dazu erteilten Hinweise schriftlich zu dokumentieren.