Wagniszuschlag ist keine ersparte Aufwendung!

Anmerkung zu: BGH, Urteil vom 24.03.2016, Az.: VII ZR 201/15

Der öffentliche Auftraggeber (AG) beauftragt den Auftragnehmer (AN) mit Rohbauarbeiten. Die Geltung der VOB/B wird vereinbart. Im Formblatt 221 (Preisermittlung bei Zuschlagskalkulation) gibt der AN einen Gesamtzuschlag von 15 % an. Dieser setzt sich zusammen aus je 5 % für Baustellengemeinkosten, allgemeine Geschäftskosten und Kosten für Wagnis und Gewinn. Der AN erstellte ein Nachtragsangebot, dass der AG nicht annahm. Der AG kündigte den Bauvertrag. Es liegt eine freie Kündigung vor. Der AN klagt Restwerklohn ein und berücksichtigt den im Rahmen der Einheitspreise für Wagnis und Gewinn kalkulierten Zuschlag nicht als ersparte Aufwendung. Zu Recht?

Der BGH gibt dem AN Recht. Er muss sich infolge der Kündigung des Vertrages das anrechnen lassen, was er dadurch an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Eine Ersparnis kommt vor allem bei projektbezogenen Herstellungs- und Gemeinkosten in Betracht. Gewinn und allgemeine Geschäftskosten, die nicht projektbezogen anfallen, sind jedoch nicht erspart. Damit ist der vom AN neben dem Gewinn kalkulierte Zuschlag für Wagnis nicht als ersparte Aufwendung zu betrachten. Dieser Zuschlag sollte das allgemeine unternehmerische Risiko für die durch die wirtschaftliche Tätigkeit des AN allgemein begründete Verlustgefahr absichern. Diesem zur allgemeinen Absicherung von Risiken kalkulierten Posten stehen keine tatsächlichen Kosten gegenüber.

Es kommt daher nicht darauf an, ob sich das Risiko, das mit diesem Wagniszuschlag abgedeckt werden soll, im konkreten Fall verwirklicht hat oder nicht. Das unternehmerische Risiko besteht unabhängig davon, ob der Vertrag durchgeführt oder vorzeitig beendet wird. Der BGH hat ausdrücklich seine abweichende frühere Auffassung aufgegeben.

Anders verhält es sich jedoch mit den vom AN kalkulierten Zuschlägen für Einzelwagnisse. Diese sollen die mit der Leistungserstellung in den einzelnen Tätigkeitsgebieten des Betriebes verbundenen Verlustgefahren abgelten. Diese können – je nach Prüfung des Einzelfalles – erspart sein. Denn bei unterbliebener Leistungserbringung ist der AN das mit der Kostenposition vergütete Risiko tatsächlich nicht eingegangen. Das vom AN ausgefüllte Formblatt 221 war im entschiedenen Fall so zu verstehen, dass mit der Überschrift „Wagnis und Gewinn“ der für das allgemeine Unternehmerrisiko kalkulierte Zuschlag abgegeben werden sollte und nicht lediglich Kosten, die ein im Hinblick auf eine bestimmte Teilleistung bestehendes Wagnis abgelten sollten.

Praxishinweis:

Der BGH hat damit seine vielfach kritisierte frühere Rechtsprechung geradegerückt.