Wann verwirkt ein Werklohnanspruch?

Anmerkung zu: OLG Hamm, Beschluss vom 25.09.2014, Az: 24 U 65/13 – BGH, Beschluss vom 09.07.2015, Az: VII ZR 281/14

Ein Auftragnehmer (AN) führte in den Jahren 2005/2006 Bodenbelagsarbeiten aus. Der Auftraggeber (AG) nahm die Leistung ab. Der Projektsteuerer des AG forderte den AN letztmalig mit Schreiben vom 17.10.2007 unter Fristsetzung zum 09.11.2007 zur Erstellung der Schlussrechnung auf. Er drohte an, dass dann, wenn keine Schlussrechnung erstellt werden würde, der AG „die bis dato ausgezahlte Summe als Schlussrechnungssumme annehmen“ würde.

AN und AG vereinbarten zunächst eine Fristverlängerung. Danach erfolgte nur noch Schriftwechsel zu Mängeln. Erst 5 Jahre später – nämlich am 03.11.2011 – erstellte der AN eine Schlussrechnung. Der AN klagte den Restwerklohn in Höhe von 66.808,63 € ein.

Ohne Erfolg!

Das Landgericht wies die Klage ab, weil die Ansprüche nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwirkt waren. Der AN legte hiergegen Berufung ein. Auch diese blieb ohne Erfolg.

Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung des An-spruches längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment).

Das Vorliegen beider Komponenten wurde von beiden Gerichten zu Recht bejaht. Das Zeitmoment war gegeben, weil mehr als 5 Jahre verstrichen waren, nachdem der AG den AN ausdrücklich zur Erstellung einer Schlussrechnung aufgefordert hatte. Das Umstandsmoment war erfüllt, weil die vom AG an den AN ausgezahlte Summe Grundlage war für erhaltene Fördermittel, die an den AG ausgezahlt wurden und dieser im Anschluss an das Schreiben vom 17.10.2007 entsprechende Dispositionen getroffen hatte. Er war mithin in diesem Bereich schutzbedürftig.

An alledem änderte nichts, dass auch der AG anstelle des AN keine Schlussrech-nung gestellt hatte. § 14 Abs. 4 VOB/B eröffnet zwar diesbezüglich eine Mög-lichkeit, aber keine Pflicht für den AG, eine Schlussrechnung zu erstellen.