Was sind eigentlich anerkannte Regeln der Technik?
Anmerkung zu: OLG Karlsruhe, Urteil vom 09.12.2015, Az. 6 U 174/14
Der Kläger führt einen Installateurbetrieb und ist im Installateurverzeichnis der Beklagten eingetragen. Die Beklagte ist Trägerin der öffentlichen Wasserver-sorgung. Der Kläger ist der Auffassung, schadhafte Trinkwasserleitungen können mittels Epoxidharz saniert werden und dies entspreche den anerkannten Regeln der Technik. Die Beklagte forderte den Kläger auf, eine entsprechende Sanierung zu unterlassen. Der Kläger klagt auf Feststellung, dass er im Versorgungsgebiet der Beklagten das Sanierungsverfahren mit Epoxidharz einsetzen kann. Mit Erfolg?
Nein!
Der Kläger schuldet sämtliche Leistungen gemäß den anerkannten Regeln der Technik. Dies sind diejenigen Prinzipien und Lösungen, die sich in der Praxis erprobt und bewährt haben und die sich bei der Mehrheit der Praktiker durchgesetzt haben. Sie müssen somit in Theorie und Praxis anerkannt sein. Dies liege aufgrund des fachlichen Dissenses bei der Rohrinnensanierung mit Epoxidharz eben gerade nicht vor.
Hinweis:
Allgemein anerkannte Regeln der Technik sind keine Rechtsnormen, sondern private technische Regelungen mit Empfehlungscharakter.
DIN-Normen, VDI-Richtlinien, VDE-Bestimmungen oder sonstige Handwerksregeln können anerkannte Regeln der Technik darstellen, aber auch hinter diesen zurückbleiben.
Bestehen solche technischen Normen, spricht eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass die anerkannten Regeln der Technik darin zutreffend wiedergegeben werden. Allerdings gehen die allgemein anerkannten Regeln der Technik in Einzelfällen auch über die etwa in DIN-Normen festgelegten Grenzen hinaus, so z.B. im Bereich des Schallschutzes. Jeder Unternehmer schuldet auch ohne ausdrückliche Vereinbarung die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik als qualitatives Mindestmaß. Oftmals wird nicht berücksichtigt, dass allgemein anerkannte Regeln der Technik erst dann vorliegen, wenn sie sich in der Praxis erprobt und bewährt haben. Dies kann meist erst von Werkstoffen oder Herstellungsverfahren behauptet werden, die über einen längeren Zeitraum hinweg erfolgreich eingesetzt wurden.