Welche Nachfrist ist angemessen?

OLG Frankfurt, Urteil vom 18.02.2021, Az: 22 U 103/19

Der Auftraggeber (AG) beauftragt den Auftragnehmer (AN) mit der Errichtung eines Einfamilienhauses. Als Bauzeit sind 7 Monate vereinbart sowie eine Vertragsstrafe bei nicht fristgerechter Fertigstellung. Es kommt in der Folgezeit zu vom AN zu vertretenden Bauverzögerungen. Nach 11 Monaten Fristüberschreitung setzt der AG dem AN eine Frist von 6 Tagen zur Fertigstellung. Am Tag des Fristablaufes kündigt er den Vertrag fristlos und verlangt Ersatz der Fertigstellungskosten sowie Zahlung einer Vertragsstrafe.

Der AG war berechtigt, den Vertrag wegen Verzuges des AN zu kündigen. Auch die gesetzte Nachfrist war mit 6 Tagen angemessen. Sinn einer Nachfrist ist es, dem AN eine letzte Gelegenheit zu geben, seine Werkleistung fertigzustellen. Er muss daher die Arbeiten unter den größten ihm möglichen Anstrengungen erbringen. Das bedeutet, dass er die Zahl der Arbeitskräfte und die täglichen Arbeitsstunden erheblich erhöhen muss. Auch Doppelschichten und Samstagsarbeit sind geboten. Ist dem AN auch bei der größtmöglichen Anstrengung eine Fertigstellung innerhalb der Frist nicht möglich, hat der den AG darauf hinzuweisen.

Dass der AG die Kündigung bereits 8 Stunden vor Fristablauf erklärt hat, ist unschädlich. Wenn aufgrund der Umstände feststeht, dass die Frist nicht eingehalten wird, ist dem AG ein Abwarten des Fristablaufes nicht zumutbar und er ist berechtigt, die Kündigung schon vor Fristablauf auszusprechen.

Hinweis:

Ob eine Nachfrist angemessen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Auch wenn eine zu kurze Frist den Lauf einer angemessenen Frist in Gang setzt, ist zu empfehlen, die Nachfrist nicht zu kurz zu bemessen, da ansonsten eine nach Ablauf der gesetzten Nachfrist ausgesprochene fristlose Kündigung unwirksam ist.