Beden­ken­hin­weis kann vor Ver­trags­kün­di­gung schützen!

OLG Dres­den, Urteil vom 29.06.2022, Az: 22 U 1689/20

Der Auf­trag­neh­mer (AN) ist mit Fas­sa­den­rei­ni­gungs­ar­bei­ten beauf­tragt und mel­det Beden­ken an, weil die Fas­sa­de teil­wei­se nicht mehr intakt ist und das vor­ge­se­he­ne Hoch­druck-Heiß­was­ser­strah­len nur bei einer geschlos­se­nen Putz­flä­che zuläs­sig ist. Der Auf­trag­ge­ber (AG) sieht das ganz anders und ver­langt die Aus­füh­rung der Arbei­ten und dass der AN mit höhe­rem Was­ser­druck arbei­tet. Als das der AN nicht tut, kün­digt der AG den Ver­trag, wor­auf­hin der AN die ver­ein­bar­te Ver­gü­tung abzüg­lich erspar­ter Auf­wen­dun­gen verlangt.

Mit Erfolg!

Der AG war nicht berech­tigt, den Ver­trag wegen eines Ver­zugs des AN mit der Leis­tungs­er­brin­gung zu kün­di­gen. Der AN gerät nicht in Ver­zug, wenn er einer Wei­sung des AG nicht folgt, die sei­ne gel­tend gemach­ten Beden­ken treu­wid­rig nicht berück­sich­tigt. Der AN ist auch des­halb nicht zur Fort­set­zung sei­ner Leis­tun­gen ver­pflich­tet gewe­sen, weil der AG inso­weit nicht auf die Gewähr­leis­tung ver­zich­tet hat. Die Ver­trags­kün­di­gung ist dem­entspre­chend in eine freie Kün­di­gung umzu­deu­ten gewesen.

Hin­weis:

Eine Beden­ken­an­mel­dung schützt den AN nur vor Män­gel­an­sprü­chen des AG, nicht aber vor Ansprü­chen Drit­ter, die z. B. durch eine Ver­let­zung der Ver­kehrs­si­che­rungs­pflicht geschä­digt wer­den. Außer­dem kann sich der AN durch eine Beden­ken­an­zei­ge nicht von sei­ner Ver­ant­wor­tung für die Ein­hal­tung der gel­ten­den gesetz­li­chen und behörd­li­chen Bestim­mun­gen befreien.

Selbst­ver­ständ­lich muss der AG die Anord­nung auch dann nicht aus­füh­ren, wenn mit deren Befol­gung eine Gefahr für Leib und Leben ver­bun­den wäre.