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Funktionaler Mangelbegriff: Abarbeiten des LV ist nicht ausreichend!

Anmerkung zu: OLG Brandenburg, Urteil vom 22.12.2015 – 4 U 26/12

Der Bauherr beauftragt den AN mit der Erbringung von Rohbauarbeiten einschließlich Abdichtungsarbeiten für die Errichtung eines Einfamilienhauses. Bereits vor Abnahme der Bauleistungen werden Mängel an den Abdichtungs-arbeiten festgestellt.

Der AN lehnt die Haftung für die Mängel mit der Begründung ab, er habe sich bei der Ausführung der Abdichtungsarbeiten an die im LV vorgegebene Ausführung gehalten. Sein Werk sei also mangelfrei.

Der Einwand des AN ist unbeachtlich.

Das Gericht stellt fest, dass der AN aus diversen Umständen hätte schlussfolgern müssen, dass nicht nur eine Abdichtung gegen nichtdrückendes Wasser, sondern eine Abdichtung gegen aufstauendes Sickerwasser erforderlich ist. Dies hätte er zum Anlass nehmen müssen, den Bauherrn auf seine Bedenken hinsichtlich der im LV vorgegebenen Ausführung hinzuweisen. Zumindest habe er die Pflicht gehabt, auf den Widerspruch zwischen LV und Planung hinzuweisen und Klärung zu verlangen.

Diese Prüfungs- und Hinweispflicht besteht auch dann, wenn ein Fachingenieur oder Architekt die Leistung geplant und ausgeschrieben hat.

Hinweis:

Die Fachkunde der planenden Fachingenieure oder Architekten entlastet den AN nicht. Er ist trotzdem gehalten, die ihm vorliegende Planung und die Leistungsverzeichnisse bzw. Ausführungsvorgaben dahingehend zu überprüfen, ob damit der ihm bekannte werkvertraglich geschuldete Erfolg auch erreicht werden kann. Er muss grundsätzlich auf Bedenken hinweisen. Es besteht ansonsten die Gefahr, trotz Ausführung nach den Vorgaben des LV einen Mangel zu produzieren und hierfür zu haften.